Ein Stückchen Heimat unterwegs – Boquete, Panama

11. März 2014 um 10:54 Uhr

BoqueteNora BornSchon seit fast vier Monaten bin ich nun unterwegs und habe mich immernoch nicht sattgesehen an der Natur, die während der vielen Busfahrten an uns vorbei zieht. Reisen kann anstrengend sein. Vollkommen unbekannte Orte, Menschen, Kulturen, Sprachen. Neue, befremdliche Eindrücke in allen simplen, alltäglichen Situationen. Schwere Rucksäcke, verschwitzt, übermüdet. Orientierung, Organisation, Kommunikation in einer Sprache, die man nicht vollkommen beherrscht und die sich von einem zum anderen Kilometer in einigen Ausdrücken komplett unterscheiden kann. Doch trotz allem versuche ich immer wach zu bleiben, wenn wir tagsüber reisen, zu beeindruckend ist alles was an meinen Augen vorbeizieht, dass es mich fast ärgert wann immer ich für ein paar Minuten einschlafe und etwas verpasse.

Nach der Überfahrt von Kolumbien nach Panama, einigen Tagen in der Hauptstadt, Volunteering in einem Hostel an der Pazifikküste und einer Menge neuer, angenehmer Bekanntschaften, gelangten wir durch die Beschreibung des Lonley Planet und einer handvoll persönlicher Empfehlungen nach Boquete.

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Lindo Boquete

Das Leben in diesem überschaubaren, kleinen Städtchen spielt sich hauptsächlich auf dem Plaza und der calle principal ab, an der sich ein paar Hostels, Restaurants, kleine Touristenläden und Anbieter für Extremsportarten tummeln. Ein Grossteil der etwa 6000 Einwohner leben hier vom Tourismus, denn in der Tat bietet Boquetes Umgebung mehr Attraktionen als man auf den ersten Blick vermuten mag. Das frische, angenehme Klima des in 1200 Meter Hoehe gelegenen Bergdorfes schafft einen klaren Kopf, Platz für Kreativität und Bewegungsdrang, ein guter Ausgleich zu der zeitweise erdrückenden Hitze der beiden Küsten Panamas. Aktivitäten finden sich hier für jederman, ob Sportler, Abenteurer, oder einfach Entspannungssuchender, hier wird niemandem langweilig und auch auf eigene Faust lässt sich eine Menge entdecken. Ein Ausflug zu den Wasserfällen, den heißen Termalen, einem Fluss mit Klettermöglichkeit (Free-water-soloing), oder einigen Wandertouren lohnt sich allemal. Wer ein wenig Bugdet zur Verfügung hat, kann sich die Zeit mit Angeboten wie Wildwasserrafting, Klettertouren, Canopying, Kaffetouren, Ausritten zu Pferd, Quat- oder Mountainbikefahren vertreiben, oder sich im SPA mit einer professionellen Massage verwöhnen lassen. Die Berglandschaft, von der Boquete umgeben ist macht einiges her, sodass sich auch ein einfacher Spaziergang in die Berge lohnt, bei dem sich verschiedenste Vogelarten und faszinierende Aussichtspunkte sehen lassen. Mein pesönlicher Höhepunkt ist jedoch, trotz der Vielfältigkeit der Angebote, die Wanderung auf den Volcan Baru.

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Sonnenaufgang über den Wolken – Volcan Baru

Während meines Aufenthaltes in Boquete trat ich die faszinierende Tour auf Chiriquis Vulkan Baru gleich zweimal an, worüber einige nur kopfschüttelnd lachten. Es ist in der Tat nicht jedermans Sache, der Aufstieg auf den in 3475 Meter gelegenen höchsten Punkts Panamas ist mehr als anstrengend. Vorzugsweise beginnt man die Wanderung um Mitternacht, um bei der Ankunft auf der Spitze des Vulkans den Sonnenaufgang zu erleben, bei Nacht kann die Temperatur dort jedoch bis zu minus 5 Grad Celsius absinken. Ausgestattet mit Mütze, Handschuhen, Kopflampe, Proviant und zwei Liter Wasser pro Person ist es ein erschwerlicher Aufstieg, während der kurzen Trinkpausen kühlt man in der verschwitzten Kleidung schnell ab. Vom Eingang des Nationalparkes aus sind es bis zur Spitze etwa 5 ½ bis 6 Stunden, man hat jedoch die Möglichkeit sich von verschiedenen Anbietern in rustikalen Jeeps ein Stück weiter hinauf oder gar bis ganz oben bringen zu lassen, dies könnte jedoch das Bugdet der meisten Reisenden ueberschreiten. Am Gipfelkreuz angekommen heisst es eng zusammenruecken und in der Kälte bis zum Sonnenaufgang ausharren.

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Dort darf man auf keinen Fall einschlafen, egal wie übermüdet man ist, bei den dort oben herrschenden Temperaturen kann dies gefährlich werden. Erscheinen jedoch die ersten Sonnenstrahlen gegen sechs Uhr morgens, lassen sie einen all die Strapazen und die vor Kälte steifen Finger vergessen und in sprachloses Staunen versinken. Mit ein wenig Glück lassen sich bei gutem Wetter beide Ozeane zugleich sehen, ein unglaublicher Anblick, auf der einen Seite die Karibik, mit den Inseln Bocas del Toro, auf der anderen der Pazifik, zeitweise sogar die Berge Costa Ricas im Westen. Es bietet sich ein fast unwirklich erscheinendes Schauspiel der aufgehenden Sonne im Osten, die den Schatten der Bergspitze auf die Wolkendecke und Landschaft im Westen wirft, ihre Zuschauer in stummes Staunen und mich in poetisches Gesülze versetzt. Doch es gibt kaum Worte diesen Anblick zu beschreiben und auch die beste Kamera vermag es nicht, die Schönheit dieses Augenblicks realitätsgetreu einzufangen.

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Der nun folgende Abstieg mag manch einem ebenso beschwerlich erscheinen, wie der Aufstieg, es wird heiß, das ständige Bergabgehen macht sich in den Knien bemerkbar und auch die Schlaflosigkeit der vergangenen Nacht sickert langsam hindurch. Doch die zuvor von Dunkelheit umgebene Natur, die auf beiden Seiten den Schotterwegs emporragt ist faszinierend und läßt die vergangene Nacht fast unwirklich erscheinen. Trotz der ganzen Anstrengung gehoert es fuer mich definitiv zu den must-seens in Boquete.

Kreativität, Spontanität, Gemeinschaftsgefühl – Hostel Refugio del Rio

Unbedingt erwähnenswert ist das Hostel Refugio del Rio, in dem ich während meines Aufenthaltes in Boquete als Voluntair arbeitete. Mit minimalen Bugdet zu reisen kann auf Dauer anstrengend sein, doch führt es einen mitunter an Orte und zu Bekanntschaften, die mehr wert sind, als alles Geld der Welt und die ich gegen nichts eintauschen würde. In den letzten Monaten habe ich eine Menge Hostels gesehen, doch dieses gehoert mit Abstand zu einem der besten Orte, an denen ich je war. Ein Platz indem nicht nur ein Herz steckt, voller Kreativität, Gemeinschaftsgefühl, ja fast Familienzusammenhalt. Schon ab dem ersten Tag hier wurden wir von ausnahmslos allen mit einer Herzlichkeit und gleichzeitigen Normalität aufgenommen, die einem das Gefühl verleihen, diese Menschen schon seit Monaten zu kennen.

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Eine Reihe kreativer Projekte, ungezwungenes spaßiges Beisammensein und die Spontanität, mit der Luchini, der Besitzer in sein schrottreifes Auto springt und mit uns einen Ausflug macht, machen es einem schwer, sich zum Weiterreisen aufzuraffen. Die ist ein Ort, an dem ich es mir auf alle Fälle vorstellen könnte eine Zeit meines Lebens zu verbringen.
Wann immer jemand von euch durch Panama kommt, macht einen Halt an diesem besonderen Platz, genießt die dort herrschende Energie und grüßt Luchini von mir, eine der besten Seelen dieser Welt, ein loco lindo, wie die Argentinier sagen würden. Ein schoener Verrueckter.

Video: Wie schön ist Panama?- Mit 80.000 Fragen um die Welt – WELTBILDER – NDR

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Reisebericht & Fotos © Nora Caterin Born

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